Montag, 14. Oktober 2013

Trinoxtion Giamonii


Mornera im Oktober 2013

epi bertont-jo mi, tragont-jo karron,     [+1]
gnathi sentum digontes,                         

i
n rot-umat aksila brita-swipana,
tri temelon dalon antumni tu-westunt


wiros skalion brochtros
di temelu luknom wedi-mi
wiros skalion brochtros
di temelu luknom wedi-mi
sterako dubnoteru banet, tu-westunt 
sentum o-tegu nuchti
ande durus suli, trebu brochdion,      
[+1]   
brigantia karanta gabet-si lama-mi 
wiros skalion brochtros di temelu luknom wedi-mi
wiros skalion brochtros
  di temelu luknom wedi-mi

Die Rosse tragen mich dahin, ziehen den Streitwagen,
Jungfrauen weisen den Weg,
Die Achse in den Naben glühend, pfeifend,
Durch die dunklen Gefilde des Alls führen sie.

Eines Schattens Traum ist der Mensch
aus dem Dunkel führe ins Licht mich


Als ein Stern leuchtet er [Telesphoros-Cissonius?] in der Tiefe
vom Haus der Nacht den Weg weisend,
zu den Toren der Sonne und den Wohnungen der Träume:
Die Hohe [empfing mich] huldvoll und nahm meine Hand in die ihre.

Eines Schattens Traum ist der Mensch
aus dem Dunkel führe ins Licht mich


Dies ist mein erster Versuch, einen gallischen Text zu komponieren. Die Absicht ist ein altkeltischer/gallischer "Hymnus", der zum Totenfest, d.h. "Allerseelen" bzw. "Samonios", oder vielmehr Giamonios, den "Winternächten" passt und vermutete "altkeltische" Vorstellungen zum Jenseits transportiert. Natürlich wissen wir so gut wie nichts darüber. Mehr als ein paar Stunden konnte ich nicht investieren, man könnte das viel besser machen, aber da bedeutete wohl im wesentlichen ein Keltologie-Studium. Die gallische Grammatik ist nur sehr lückenhaft bekannt, und das fehlen einer Referenzgrammatik wie man sie online etwa für Urgermanisch konsultieren kann, macht es sehr schwierig; hier wäre keltologische Expertise gefragt, die ich nicht habe.  Für zukünftige Verbesserungnen hinterlasse ich daher für mich etwas Dokumentation zu Form und Inhalt. Das Metrum soll silbenzählend sein, die roten Ziffern zeigen fehlende Silben an (under construction, ich möchte 12/7/12/12 und für das "Mantra" 8+8).

Ich verwende altgriechische Versatzstücke, denn ich glaube, dass die antiken (vor-hellenistischen) mythologischen Vorstellungen noch sehr nahe Verwandtschaft mit anderen Formen der Mythologie der "westindogermanischen Eisenzeit" hatte; gleichzeitig schrieb man dem Druidismus auch schon früh-buddhistischen Einfluss zu, v.a. aufgrund der Vorstellungen der Seelenwanderung, und so wird ein Schuss "ostindogermanische Eisenzeit", über "thrako-kimmerische" und skythische Vermittlung wohl, die Mischung etwas "keltischer" gestalten. Im wesentlichen nehme ich also die Himmelsreise im  "Proömium" von Parmenides, das ja sehr stark den Verdacht erregt, es bewahre "vorsokratisches" Geheimwissen, und ebenso einen "Steppen"-Beigeschmack trägt, ja sogar als "schamanistisch" angesprochen wurde (vgl. Janda 2010). Von Pindar ist  Σκιᾶς ὄναρ ἄνθρωπος "eines Schattens Traum ist der Mensch" (Pyth. 8.95f.), kombiniert mit dem "vedantischen" Pavamana Mantra  tamaso mā jyotir gamaya "leite mich aus dem Dunkel ins Licht"; es ist aus  BrUp und damit gerade etwa gleich alt wie die hier angestrebte Zeitstufe, d.h. irgendwo zwischen Hallstatt D und La Téne A (es erinnert mich sehr an "abendstille Auen", d.i. von 1925, könnte aber geradesogut druidisch/vedantisch gewesen sein). Von Homer ist παρ' Ἠελίοιο πύλας καὶ δῆμον ὀνείρων "vorbei an den Toren der Sonne und den Häusern der Träume" (i.e. "gingen die Totengeister"; Od. 24.12), gelesen auf dem Bollinger lapis, von da auch ἀστὴρ ἐκ τοῦ βάθους  "als ein Stern in der Tiefe".

Diese Versatzstücke gälte es nun, in eine "gallische" Form zu bringen. Online Hilfsmittel: La Langue Gauloise (Dottin 1920); Proto-Celtic Lexical Items (Alan Ward 1996); Celtic Lexicon (Uni Wales, 2002), Lingua Gallica, "Gaulish Glossary" (Vorsicht) . Kelteag Nueadh, Chronarchy.com.

  

Samstag, 5. Oktober 2013

Griechensehnsucht


... es scheint mir ferner, daß es zum mindesten von Einseitigkeit und Beschränktheit zeugt, wenn der politische Philanthrop alle humane Schönheit und Würde in die prometheisch-emanzipatorische Gebärde verlegt. Ich brauche nur aufzublicken von meinem Tisch, um mein Auge an der Vision eines feuchten Haines zu laben, durch dessen Halbdunkel die lichte Architektur eines Tempels schimmert. Vom Opferstein lodert die Flamme, deren Rauch sich in den Zweigen verliert. Steinplatten, in den sumpfig-geblümten Grund gebettet, führen zu seinen flachen Stufen, und dort knieen, ihr Menschtum feierlich vor dem Heiligen erniedernd, priesterlich verhüllte Gestalten, während andere, aufrecht, in zeremonialer Haltung aus der Richtung des Tempels zum Dienste heranschreiten. 
Wer in diesem Bilde des Schweizers, das ich von jeher wert und mir nahe halte, eine Beleidigung der Menschenwürde erblickte, den dürfte man einen Banausen nennen. Trotzdem ist der politische Philantrop ohne Zweifel verpflichtet, dergleichen darin zu erblicken,  und soviel sei eingeräumt, — daß es ein nur zu schlagendes Beispiel für die Unzuverlässigkeit der Kunst als Mittel des Fortschritts bietet, für ihren verräterischen Hang zur Schönheit schaffenden Widervernunft. 
Offenbar aber ist die Humanität des emanzipatorischen Fortschrittes entweder nicht die wahre oder nicht die ganze Humanität; denn wie sollte ein Werk inhuman genannt werden dürfen, das dem von Frechheit, Schlechtigkeit und Pöbel-Gier gehetzten Blick eine Vision und Traumzuflucht würdevoll-demütigen Menschenanstandes bietet?  
Thomas Mann (1918)

“He has made a number of replicas of his most famous works. The first version of the painting ‘The Holy Grove’ (1882, 105 x 150 cm, oil, canvas) is situated at Basel Art Museum, the second version (‘Der Heilige Hain’, 1886, oil, wood) – in Hamburg Kunsthalle. [... as for the possible third version in Tallinn,]   its typical signature make it possible to believe that it is the author’s own replica.” (Mai Levin, Estonian Art Museum, Tallinn).